Lodsch

Obwohl Lodsch eine besondere und interessante Stadt ist, ist sie dennoch touristisch weitgehend unentdeckt. Sehr zu unrecht. Mitte des 19. Jahrhunderts begann der rasante Aufstieg der Stadt zu einem der bedeutendsten Textilzentren der Welt und von vielen Menschen wird sie als das „Manchester des Ostens“ bezeichnet. Vier verschiedene Kulturen haben in Lodsch ihre Spuren hinterlassen. Juden, Deutsche, Russen und natürlich Polen prägten die Stadt und ihr Bild. Seit neustem gehört Lodsch neben Barcelona, Wien und Brüssel zu den Union-Sezession-Städten und ist somit die einzige polnische Stadt in dieser Hinsicht. Lodsch wird als die Hauptstadt der polnischen Kinematographie und des Clubinggs bezeichnet.

 

lodsch

Mit rund 742.000 Einwohnern ist Lodsch die zweitgrößte Stadt Polens. Die Stadt hat eine relativ lange Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Zwar erhielt Lodsch bereits im 15. Jahrhundert die Stadtrechte, blieb aber fast vier Jahrhunderte lang eine kleine Handwerks- und Agrarsiedlung. Erst aufgrund der Industrialisierung begann die Stadt sich zu entwickeln.

In kaum einer anderen europäischen Stadt lässt sich die Geschichte der industriellen Revolution besser ablesen als in Lodsch. Die Stadt entwickelt sich auch zunehmend zum Dienstleistungszentrum mit einer sehr aktiven Kulturszene. Die Entwicklung der Stadt und das Bild der Stadt, das durch das Zusammenleben vieler Nationen und Kulturen, hauptsächlich von Polen, Russen, Juden und Deutschen geprägt wurde, wurde vom Nobelpreisträger Władysław Reymont in seinem Roman „Das gelobte Land“ – Zeimia Obiecana beschrieben. In Lodsch gibt es neben schicken, neu renovierten Palästen, Villen von Industriellen, aufgelassenen, fast verfallenen Wohnhäusern und in einer anderen Ecke wiederum findet man Neubauten und große Kaufhäuser und Fabriken. Für Architekturliebhaber, die nach Lodsch kommen, ist eine Besichtigung der öffentlich zugänglichen Bauten auf jeden Fall ein “Muss”. An vielen der Anlagen nagt schon seit langem der Zahn der Zeit, einige aber wurden renoviert, wodurch die Stadt an Bedeutung gewann.

Heutzutage ist die Stadt ein bekanntes Kulturzentrum. Hier gibt es eine Filmhochschule, die in der ganzen Welt bekannt ist. Die Filmhochschule erfreut sich einer langen Tradition und sie ist eine der bedeutendsten Filmhochschulen für Regisseure, Kameraleute und Schauspieler. Zu einen ihrer Absolventen gehören unter anderem der Regisseur und Schauspieler Roman Polanski und Andrzej Wajda. Hier gibt es auch das Museum für Kinematographie und Kunst, in dem sich die Sammlung der zeitgenössischen, polnischen Kunst befindet. Die Stadt wird von Tag zu Tag ein wichtigeres Industrie – und Geschäftszentrum.

Die Piotrkowska-Straße ist mit über 4 Kilometern die längste Handelsstraße Europas und bekannt für ihre unzähligen Cafés, Bars und gemütlichen Restaurants. Sie ist zugleich auch die schönste Straße der Stadt.

 

GEOGRAFIE

Die Stadt liegt im Herzen Polens, beim Tal Srodkowopolska. Die gute Verkehrslage trug dazu bei, dass die Stadt an Bedeutung gewann und wurde zu einem wichtigen Industriezentrum. In dieser Umgebung dominiert die flache Landschaft mit einigen Moränenanhöhen.

Lodsch liegt im Einzugsgebiet zwischen der Weichsel und der Oder. Durch die Stadt fließen zahlreiche, kleinere Flüsse und Bäche. Diese Gewässer sind allerdings nicht groß und fließen im Allgemeinen unterirdisch durch die Kanalisation.

 

GESCHICHTE

Der Ursprung von Lodsch stammt aus dem Jahre 1332. Obwohl die Stadt schon im Jahre 1423 die Stadtrechte bekam, war sie weiter eine kleine, landwirtschaftliche Ansiedlung, die sich an einem Fluss namens Lodka befand. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts blieb die Stadt unter der Herrschaft der Bischöfe, mit der zweiten Teilung wurde die Stadt ein Teil Preußens. In den Zeiten Napoleon Bonapartes befand sich die Stadt Lodsch im Warschauer Königstum und danach wurde die Stadt Teil des so genannten Kongresskönigstums (Kongresspolen). Dies und die nachfolgenden Veränderungen legten für Lodsch den Grundstein für seinen wirtschaftlichen Aufschwung.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt rasch. 1825 wurde in der Stadt die erste Fabrik für die Baumwoll- und Leinenspinnerei aufgebaut. Im Zuge der weiteren Industrialisierung wurde die Stadt der wichtigste Standort der Textilindustrie. Nach Lodsch kamen tausende Arbeiter. Die Stadt bot einst ein friedliches Zusammenleben von Polen, Deutschen und Juden – in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts war die Proportion so zusammengesetzt: 50%, 30%, 15%. In der Stadt wurden immer neue Fabriken gebaut, die Einwohnerzahl ist gestiegen.

Nach der zweiten Teilung von Polen im Jahre 1793 wurde das von Preußen übernommene Lodsch eine Regierungsstadt.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde Lodsch ein Teil Polens. Die Folgejahre des Krieges führten zum wirtschaftlichen Stillstand der Stadt. Zum einen war der enorm wichtige Handel mit Russland faktisch zum Erliegen gekommen und zum anderen kam es zu Kriegshandlungen in der Nähe der Stadt.

Nach dem so genannten Oktoberfeldzug wurde die Stadt von den Deutschen bis zum Ende des Krieges besetzt. Für die Industrie hatte dies fatale Folgen. Neben der Beschlagnahme der produzierten Waren wurden auch Maschinenteile, vornehmlich solche aus Kupfer und Messing, von den deutschen Besatzern demontiert und nach Deutschland gebracht. Die Stadt wurde dem Deutschen Reich angegliedert und zu Ehren des deutschen Generals – Karl Litzmann in „Litzmannstadt“ umbenannt. Ein Drittel der Einwohner waren Juden. Über 200 Tausend Juden wurden zuerst in das Lodscher Ghetto geschlossen und von dort ab 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz oder Theresienstadt deportiert und dort vernichtet. Heute zählt die jüdische Gemeinde nur noch wenige hundert Mitglieder.

Nach Ende des Weltkrieges, begann die Stadt als Teil des wiederhergestellten Polens, den mühevollen Aufbau der Industrie. Die Schäden durch die deutschen Besatzer, das Wegbrechen des russischen Absatzmarktes und die durch den Krieg verloren gegangenen Finanzmittel waren die größten Hürden, die die Stadt überwinden musste. Nach der Zerstörung Warschaus wurde die Stadt, jetzt wieder in Lodsch umbenannt, aufgrund ihrer vergleichsweise intakten Wirtschaftsstruktur zu einer der wichtigsten Städte im Polen der Nachkriegszeit. Allerdings blieb das Wirtschaftswachstum im Vergleich zu anderen Teilen Polens eher gering.

Die Gebäudekomplexe blieben nach den Weltkriegen fast unzerstört. Die Architektur der Stadt ist heute mit ihren fast vollständig erhaltenen Arbeitersiedlungen, Wohnpalästen der Industriellen und den roten Klinkerfassaden der Textilfabriken ein einmaliges Beispiel für die Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts. Die Kriege haben aber das friedliche Zusammenleben von Juden, Polen und Deutschen völlig zerstört.

Unter der kommunistischen Herrschaft erlebte die Stadt eine neue Entwicklung. Besonders die Textilindustrie hat in Lodsch wieder an Bedeutung gewonnen. Nach 1989 wurden die Fabriken privatisiert, aber nur einige Arbeiter habe die neue Zahlungsbedingungen akzeptiert.

Heutzutage gehört die Stadt zu den bekanntesten und wichtigsten Kultur – und Ausbildungszentren. Hier gibt es 11 Hochschulen. Die wichtigste und gleichzeitig berühmteste ist die Filmhochschule.

Zu den attraktivsten Kulturveranstaltungen gehört das Festival der vier Kulturen, das jedes Jahr stattfindet um an das friedliche Zusammenleben der multikulturellen Stadt zu erinnern sowie das Filmfestival Camerimage. Die wunderschöne Architektur, die bis vor kurzem nicht entdeckt wurde, zieht alljährlich immer mehr Touristen an.

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